Wallbox für E-Bike und E-Scooter

Ein Artikel von Ramón Lang, veröffentlicht am 28. Oktober 2023.
Die Lesedauer beträgt ungefähr 14 Minuten.

Es ist mal wieder keine leichte Aufgabe, obwohl sicherlich viele Besitzer von kleineren Elektrofahrzeugen davon Gebrauch machen würden: Eine Wallbox, wie man sie für Elektroautos kennt – aber für E-Bike und E-Scooter. So etwas gibt es bisher nicht. Der Grund dürfte recht einfach sein: Da es weder Normen, noch Gesetze gibt für einheitliche Ladesysteme, macht wieder jeder Hersteller sein eigenes Ding.

So toll! Mein neues E-Bike hat einen neuen Stecker, der sonst nirgendwo passt und den man auch nur beim Hersteller kaufen kann!

niemand

Von zwei E-Scootern und einem E-Bike hatte nicht ein Ladegerät denselben Stecker. Ninebot immerhin lässt sich mit einem handelsüblichen Kaltgerätestecker (PC-Kabel) laden, da das Ladegerät im E-Scooter integriert ist. Bei dem sonst wirklich enttäuschenden E-Scooter ist das tatsächlich eine erfreuliche Sache, die auf dem Markt einmalig ist – soweit ich weiß.

Der E-Scooter von Egret hingegen lädt zwar mit einem immerhin genormten, jedoch dennoch seltenen Stecker und Bosch dachte, es wäre toll, Geld für die Entwicklung eines gänzlich eigenen Systems aus dem Fenster zu werfen. Denn deren Stecker sind weder einzeln, noch von anderen Herstellern zu kaufen. Das bedeutet: Bei einem defekten Kabel oder Stecker muss das ganze Ladegerät neu gekauft werden.

Zudem kommt auch noch, dass die Kabel so kurz sind, dass sie eigentlich kaum zu gebrauchen sind. Verlängerungskabel gibt es natürlich auch nicht.

Die Idee

Aus Sicherheitsgründen und auch weil es schlichtweg einfacher ist, will man seine Fahrzeuge außer Haus aufladen. Viele Menschen haben keine eigene Garage oder dort auch keinen eigenen Stromanschluss, um Fahrzeuge aufladen zu können. Aber wir können E-Bike und E-Scooter vor dem Hauseingang abstellen, wo es ebenfalls keine Steckdose gibt. Die Lösung wäre aber denkbar einfach:

Das Ladegerät im Haus an den Strom anschließen, die Kabel nach draußen führen und in die Fahrzeuge einstecken. Das wäre nur möglich, wenn ich die Stecker einzeln kaufen könnte, um eigene Kabel als Verlängerung zu bauen.

Darum muss also die Netzspannung aus der Steckdose nach draußen geführt werden. Und auch aus dem Grund, dass dann nur ein Kabel verlegt werden muss. Dort geht es in einen sogenannten Schaltschrank, wo die Netzteile angeschlossen sind. Am Schaltschrank sind die Fahrzeuge angeschlossen und können so geladen werden.

Wasserschutz

Um das zu realisieren muss man natürlich bedenken, dass es draußen kalt, heiß und nass sein wird. Alle meine Komponenten sind darum mindestens IP65 zertifiziert – also gegen Strahlwasser und somit auch gegen Regen geschützt. Hier einige IP-Schutzklassen, die einen Schutz gegen Wasser gewährleisten (nicht vollständig):

IP-CodeSchutz
IP44/ IP54/ IP64Gegen allseitiges Spritzwasser
IP65Geschützt gegen Strahlwasser aus beliebigem Winkel
IP66Geschützt gegen starkes Strahlwasser

Der Schaltschrank ist außerdem keinem direkten Sonnenlicht ausgesetzt, weshalb er im Sommer nicht mehr als die Außentemperatur annehmen kann.

Neutrik powerCON

IP65 zertifiziert sind auch die Steckverbindungen von Neutrik powercom (nur im TRUE1-System). Von diesem System habe ich also Einbau-Buchsen und Stecker gekauft. Die Kabel der Netzteile habe ich getrennt, um sie damit verbinden zu können. Die Ladegeräte können somit im Schaltschrank, aber auch im Haus an der Steckdose betrieben werden.

Es gibt zwei Neutrik-Systeme: Das konventionelle (grau/blau) und das neue TRUE1-System. Die Systeme habe ich in diesem Artikel sehr ausführlich beschrieben.

Mit knapp 10.- pro Stecker oder Buchse war dies neben dem Schaltschrank der teuerste Posten. Da die Ladekabel viel zu kurz sind, musste ich diese auch mit Neutrik-Steckern verlängern. Dadurch sind gleich vier Stecker zusätzlich angefallen – theoretisch. Erst bei der Umsetzung habe ich festgestellt, dass eines der Kabel doch lange genug ist. Darum habe ich nun zwei Neutrik-Stecker zu viel, die ich ggf. als Ersatzteile oder für ein anderes Projekt nutzen kann. Aber eine andere Wahl hatte ich leider nicht, wenn das Ganze im Freien ohne Kurzschluss funktionieren soll.

Der Aufbau

Im Schaltschrank ist eine Grundplatte angebracht. Das macht es sehr einfach, Komponenten daran festzuschrauben. Ohne Grundplatte hätte man in die hintere Außenwand bohren müssen, was die Wasserdichtigkeit beeinträchtigen würde.

Diesen Schaltschrank habe ich für 60€ bei einem ebay-Verkäufer bekommen. Im Vergleich ist das ein sehr günstiger Schrank. Vom Kaum im Bau- oder Fachmarkt würde ich definitiv abraten. Die Preise sind gleich um ein Vielfaches höher. Normalerweise zahle ich für gute Qualität auch gerne einen höheren Preis. Doch bei den üblichen Preisspannen kam das definitiv nicht in Frage. Außerdem ist die Qualität dieses Schranks auch wirklich nicht schlecht. Unterhalb lässt sich außerdem noch eine Öffnung abschrauben. Da ich den Schrank im Außenbereich verwende, ließ ich diese zwar montiert, aber praktisch ist es dennoch. Ein Schloss aus Metall ist außerdem auch vorhanden, was leider gar nicht selbstverständlich ist. Lediglich der Schlüssel ist aus Kunststoff, weshalb ich mir einen standardisierten Kreuzbartschlüssel aus Metall noch günstig dazubestellt habe.

Im Bild ersichtlich sind auch drei Hutschienen. Diese waren nicht dabei, sondern habe ich separat bestellt und aufgeschraubt. Daran werden die Ladegeräte und Kabelverteilungen montiert.

Es hat sich herausgestellt, dass ich genau die passenden Maße gewählt habe: 400x300x150 (HxBxT).

Anschlüsse

Zuerst habe ich die Bohrungen für die drei Anschlüsse gemacht, die von innen nach außen gehen: Einer als Strom-Eingang mit Netzspannung aus der Wohnung und je einen Anschluss für E-Bike und E-Scooter. Drei Bohrungen pro Anschluss waren notwendig, wovon die größte Bohrung den Kauf eines Stufenbohrers erforderte. Mit einem Stufenbohrer sind wesentlich größere Durchmesser möglich, da ein normales Bohrer-Set bei 10mm aufhört. Auch hier sei gesagt, dass die Stufenbohrer von Amazon leider deutlich günstiger sind, als die Baumarkt-Produkte. Leider ebenfalls mit so starkem Preisunterschied, dass der Kauf im Baumarkt nicht in Frage kam.

Das Ergebnis war trotz günstigem Preis ohne jeden Mangel. Stufenbohrer springen immer um 2mm von einem Durchmesser zum anderen. Es gibt darum Bohrer, die gerade Durchmesser haben und solche mit ungeraden. Das muss man beim Kauf beachten. Tatsächlich haben Ein- und Ausgang der Neutrik-Anschlüsse unterschiedliche Durchmesser. Und natürlich hat der eine Anschluss einen geraden, und der anderen einen ungeraden Durchmesser. Aber auf gut Glück habe ich nur den Stufenbohrer mit geraden Durchmessern bestellt, was auch für beide Anschlüsse sehr gut funktioniert hat. Der eine hat nun eben etwas mehr Spiel, der andere dafür gar keines. Grundsätzlich kann ich den Kauf eines Stufenbohrers sehr empfehlen, da er auch für andere Bastelideen immer wieder eingesetzt werden kann. Er kann außerdem gleichzeitig zum Entgraten von Bohrungen verwendet werden.

Bei den Bohrungen hat sich die einzige Schwachstelle des günstigen Schaltschranks gezeigt: Das Körnen war recht schwierig, da sich die Wände gleich etwas verbogen haben. Durch die Verwendung der Gummi-Aufsätze ist das aber nicht weiter schlimm. Und ich muss auch zugeben, dass ich keinen richtigen Körner verwendet habe, sondern einfach einen spitz zulaufenden Bit-Aufsatz.

Es ist absolut wichtig, dass die beiden Anschlüsse für E-Bike und E-Scooter niemals verwechselt werden. Da es sich um zwei verschiedene Ladesysteme handelt, können Spannung, Strom und andere Einzelheiten unterschiedlich sein. Ein Ladegerät darf daher nie am falschen Fahrzeug angeschlossen werden. Die Anschlüsse sind darum an den jeweiligen Seitenwänden angebracht. Das E-Bike steht immer links vom Schaltschrank und der E-Scooter steht immer rechts.

Zusätzlich sind die Anschlüsse mit eingängigen Symbolen gekennzeichnet. Diese habe ich einfach auf normales Papier gedruckt und dann laminiert. Damit die Schilder auch nach dem Ausschneiden des Mittelteils noch wasserdicht sind, muss zuerst ausgeschnitten und erst danach laminiert werden.

Verkabelung

Da das Ladekabel von Bosch viel zu kurz ist, habe ich es ebenfalls mit Neutrik-Verbindungen verlängert. Das Ladegerät ist dadurch flexibel verlängerbar und kann auch jederzeit bei Bedarf wieder aus dem Schaltschrank genommen und wie gewohnt verwendet werden. Obwohl das beim Ladegerät des E-Scooter nicht notwendig gewesen wäre, habe ich dasselbe auch dort gemacht. So bleibt das Ganze flexibel.

Leider hatten die Einbaubuchsen des Neutrik-Systems keine Schraubverbindungen. Die Drähte mussten mit Kabelschuhen verbunden werden. Das hat den Kauf einer Crimpzange und von Kabelschuhen notwendig gemacht. Zwar nur ein kleiner Kostenpunkt, aber dennoch unnötig. Zumindest bin ich bisher immer ohne ausgekommen. Aber wenn ich sie nun schon habe, kann ich sie auch in Zukunft benutzen. Denn der Stecker-Hersteller Neutrik würde Einbaubuchsen auch mit Schraubverbindungen anbieten. Der Händler jedoch hat diese leider nicht im Sortiment.

Die Ladegeräte sind natürlich nicht fest mit den Anschlüssen verbunden. Auch im Schaltschrank ist der Neutrik powerCON-Anschluss vorhanden. Auf den Fotos ist das ersichtlich.

Die Netzspannung wird in einer Verteilerdose geregelt. Mit normalen Wagoklemmen teile ich den Strom auf zwei kurze Kabel auf, die aus der Dose geführt werden und zu normalen Steckdosen (Schuko-Kupplungen) führen. Dort wir das Ladegerät eingesteckt.

Die Abnahme der Elektrik darf normalerweise nicht durch eine Katze erfolgen. Der Umgang mit Netzspannung unterliegt gesetzlichen Bestimmungen und ist lebensgefährlich.

Die Verteilerdose rechts ist für eine Feuchtigkeitsüberwachung reserviert und bleibt vorerst leer. Dazu schreibe ich weiter unten mehr. Auf der mittleren Hutschiene wird noch das zweite Ladegerät mit Kabelbindern montiert (identisch wie das Ladegerät oben).

Leitung verlegen

Ich habe mir verschiedene komplizierte Lösungen überlegt, wie ich den Schaltschrank am Geländer befestigen könnte. Am Ende bin ich zum Glück auf eine sehr einfache Lösung gestoßen: Im Baumarkt habe ich runde Haken gekauft, die an der Rückwand festgeschraubt werden können. Damit das Geländer nicht beschädigt wird, habe ich Schrumpfschlauch angebracht.

Kompliziert gestaltete sich aber das Verlegen der Zuleitung. Das einfachste und empfehlenswerteste ist ein einfacher Kabelkanal auf dem Boden, der dorthin geführt wird, wo das Kabel in die Wohnung rein geht. Ich dachte, es wäre eine gute Idee, die Leitung unter dem Plattenboden durchzuführen. Das hat mit viel Mühe auch geklappt. Es ist aber nicht empfehlenswert, denn ich bin kein Plattenleger. Werden die Platten einmal herausgenommen, müssten sie professionell wieder verlegt werden, da sich das Kies unter den Platten verschiebt. Erst recht, wenn man noch Kabel hineinlegt.

Um das so zu realisieren, musste ich auch fast die ganzen 10m des Kabels abisolieren. Bei Kabeln mit starren Adern ist das zwar nicht ganz so schwierig, wie bei normalen Kabeln, aber es hat dennoch eine gefühlte Ewigkeit gedauert. Und am Ende habe ich auch etwas zu viel abisoliert, was aber immerhin nur zu einem kleinen Schönheitsfehler geführt hat. Zudem ist es auch noch so, dass ich nicht einfach Platten aus der Mitte entnehmen konnte. Ich musste zuerst eine Platte am Rand entnehmen und dann jeweils eine nach der anderen, bis ich endlich bei den Platten angekommen war, wo auch die Leitung liegen soll. Man muss immerhin bedenken, dass der ganze Aufwand beim Auszug wieder anfällt.

Die Außenwand darf für die Montage des Kabelkanals nicht beschädigt werden. Das schadet dem Haus und wird teuer, wenn der Vermieter es feststellt. Darum wurde er mit Heißkleber überall dort montiert, wo ich nicht bohren konnte.

Warum ich ein vieradriges Kabel gekauft habe, erkläre ich im Abschnitt „Feuchtigkeitsüberwachung“.

Dann kam der Moment der Wahrheit: Ich habe die Leitung eingesteckt und tatsächlich kam der Strom so aus der Verteilerbox, wie ich es geplant hatte. Bevor ich die Ladegeräte anschließe, werde ich die Lampen testweise einige Tage angeschlossen lassen, solange ich zuhause bin. Auch die ersten Ladungen werden nur unter Aufsicht stattfinden.

Wichtig ist, dass die Stromquelle unterbrochen werden kann. Für den Fall, dass es unerwartet regnet oder andere Zwischenfälle vorkommen, muss der Strom getrennt werden können. Das könnte zum Beispiel mit einem Schalter umgesetzt werden. Ich habe mich für einen fernsteuerbaren Zwischenstecker entschieden, den ich bereits hatte und den ich mit etwas Programmierung steuern kann. Das Lade muss dann jeweils über ein Tablet oder Handy aktiviert werden. Der Strom wird automatisch wieder getrennt, wenn das Aufladen abgeschlossen ist.

Feuchtigkeitsüberwachung

Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich vielleicht eine Feuchtigkeitsüberwachung zusätzlich einbauen. Dazu dient ein kleiner Mikrocomputer (Raspberry Pi Pico), der mit einem Sensor die Feuchtigkeit messen kann. Ist es im Schaltschrank zu feucht – zum Beispiel wegen Morgentau – wird die Stromzufuhr automatisch unterbrochen. Das wäre innerhalb des Schranks mit einem zusätzlichen Relais möglich. Jedoch wäre auch eine dezentrale Lösung in der Wohnung denkbar, mit der die Stromzufuhr bereits in der Wohnung unterbrochen werden kann – zum Beispiel, wenn es regnet. Das dachte ich jedenfalls. Aus diesem Grund habe ich mich für ein vieradriges Kabel entschieden. So hätte ich neben dem Strom eine zusätzliche Datenleitung umsetzen können. Leider habe ich nicht die Rechnung mit den powerCON-Steckern gemacht, die ja nur dreipolig sind. Nun habe ich zwar vier Adern verlegt, von denen eine aber an den jeweiligen Stecker-Enden abgetrennt wurde.