Der Umgang mit Corona als Ausland-Schweizer

Ein Artikel von Ramón Lang, veröffentlicht am 24. Januar 2021.
Die Lesedauer beträgt ungefähr 8 Minuten.

Dieser Artikel ist bereits über 2 Jahre alt.
Über die Zeit verändern sich Meinungen. Die Technik, Produkte, Dienstleistungen, etc. entwickeln sich weiter. Bitte berücksichtige dies beim Lesen dieses Artikels.

Ich bin Schweizer und wohne in Bayern.
Ein Schweizer Franken eben. Viele Texte habe ich nach schweizerischer Schreibweise ohne Scharf-S (ß) verfasst. Dieser Artikel könnte davon betroffen sein.

Die Zeit um das Coronavirus hat vieles über den Haufen geworfen. Es wurde erforderlich, besondere Massnahmen zu ergreifen, an die sich die Bevölkerung zu halten hatte – bzw. auch noch zu halten hat.

Dabei war der Informationsfluss von entscheidender Bedeutung. Denn die Bevölkerung kann sich nur an Richtlinien halten, wenn sie davon auch weiss. Bereits im Frühjahr 2020 wurden die Regeln häufig geändert, sie waren aber überschaubar. Oftmals – gerade in der Schweiz – wurden sie flächendeckend angeordnet. So war es vergleichsweise einfach, sich zu informieren. Aber auch schon zu dieser Zeit waren die Länder Deutschland und Schweiz mit der Bereitstellung von Informationen überfordert. Zwar wurden Informationsseiten eingerichtet – teilweise sogar in vereinfachter Sprache. Welche Richtlinien aber wann und wo gelten und unter welchen Bedingungen, war schwer zu ermitteln. Ausserdem musste man Änderungen in Massen von Texten suchen – also die Nagel im Heuhaufen. Der einzige Hinweis auf angepasste Inhalte war dann ein verändertes Datum mit dem Text «Zuletzt aktualisiert am …»

Die allererste Anlaufstelle für Informationen ist für mich die Krisen- und Katastrophen-App des Bundes. In der Schweiz ist das «Alertswiss» und in Deutschland «NINA». Die Apps haben die Aufgabe, die Bevölkerung über schwerwiegende und gefährliche Ereignisse zu informieren. Etwa Chemieunfälle, Waldbrand- und Hochwassergefahren und beispielsweise das Coronavirus.

Bei diesen Apps gibt es zwei entscheidende Vorteile:
Erstens könn(t)en die Informationen blitzschnell beim Einzelnen ankommen. Je nach Art der Gefahr könnten auch Minuten entscheidend sein.
Zweitens kann der Benutzer Meldungen für bestimmte Regionen oder Gemeinden eingrenzen, sodass nur relevante Informationen angezeigt werden.

Beste Voraussetzungen also, um Informationen an das Volk zu bringen. Leider wurde diese Chance nie richtig genutzt. Ganz am Anfang hat das noch funktioniert. Über die Existenz und Gefahr des Virus wurde man informiert. Je mehr Änderungen es aber gab, desto weniger wurden diese in diesen Diensten bekanntgegeben.

Zu der App NINA in Deutschland schrieben die Verantwortlichen im Sommer 2020 lediglich, dass sich die Verantwortung auf Bundesländer und Kommunen verteilt. In der Schweiz habe ich zwar nicht nachgefragt, aber wir alle kennen den Kantönligeist.

Auch heute noch ist die App leider nicht zu diesem Zweck zu gebrauchen. Vor wenigen Wochen ist der Dienst zudem deutschlandweit unter Kritik geraten, da die Informationen stark verspätet oder gar nicht beim Benutzer eingetroffen sind. Es war glücklicherweise ein Probealarm. Aber auch in meinem Dorf, wo ein bis zweimal monatlich ein Sirenenalarm ausgelöst wird, hat sich noch nie ein Hinweis über die App auf mein Smartphone bemüht.

Immerhin: Es gibt mittlerweile einen Corona-Button, durch den man allerlei Informationen finden sollte. Da diese aber nach wie vor in Unmengen von Texten und Links verborgen sind, bleibt es schwierig, sich zurecht zu finden.

Und das schweizerische «Alertswiss»? Der Bund hat nach der ersten Welle die Verantwortung an die Kantone abgegeben. Seither hat erst recht niemand mehr die Übersicht. Dabei wäre es sehr wichtig, da Kantone in der Regel nicht gross sind und es für Schweizer normal ist, dass man zwischen den Kantonen hin und her reist.

Hier sieht es tatsächlich besser aus: Ohne, dass ich in der App suchen musste oder auf Links verwiesen wurde, konnte ich die schweizweiten Massnahmen feststellen. Man hat hier offenbar gehandelt: Kurz und bündig sind alle relevanten Informationen in 2 Minuten gelesen und verstanden.

Ausserdem wollte ich wissen, wie das in den Kantonen Aargau und Basel-Stadt aussieht. Der Kanton Aargau schreibt ausser Empfehlungen nichts zu geltenden Massnahmen.

Der Kanton Basel-Stadt verweist auf einen Link, durch den man zu den spezifischen Massnahmen gelangen kann. Zudem wird auf Medienmitteilungen verwiesen, bei denen man aber nicht ganz sicher ist, ob die darin enthaltenen Angaben nun noch gelten oder schon überholt sind. Aber immerhin findet man die Regeln auch hier in 5 Minuten.

Swissalert ist also zu empfehlen. NINA dagegen nicht.

Die zweite Anlaufstelle sind die offiziellen Websites von Bund, Bundesländer und Kantone. Da nicht jeder ein Smartphone besitzt, müssten spätestens hier alle Informationen auffindbar sein. In diesem Zusammenhang müssen die Informationen auch über Suchmaschinen wie Google, Bing, Ecosia, etc. auffindbar sein. Ich habe es also jeweils mit dem Suchbegriff «Corona Massnahmen [Land/ Bundesland/ Kanton]» versucht. In Deutschland natürlich mit dem Wort «Maßnahmen», obwohl Suchmaschinen dahingehend keinen Unterschied machen.

Enorm wichtig ist, dass man sich bei der Suche nach Informationen nicht mit News-Plattformen begnügt.

Je nach Aufenthaltsort zeigt Google hier verschiedene Ergebnisse. In der Schweiz werden als erstes Informationen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der WHO angezeigt, in Deutschland zwei verschiedene Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit. Erst danach folgen reguläre Google-Ergebnisse. Positiv: Die Schweiz und Deutschland haben die Google-Präsentation massgebend beeinflusst. Dies schon im Frühling 2020, um in gewissem Masse falschen Informationen vorzubeugen.

Das Bundesministerium für Gesundheit in Deutschland informiert über die Website zusammengegencorona.de über allerlei Fragen zum Corona. Das ist ebenfalls wichtig. Über Massnahmen findet man hier aber keine Informationen.

Die zweite Seite gesund.bund.de/covid-19 ist zwar anders gestaltet, hat aber dieselbe Aufgabe wie die vorher genannte Seite und beinhaltet ebenfalls keine Informationen zu Massnahmen.

Erst die dritte Seite (bzw. der erste reguläre Google-Eintrag) beinhaltet im Titel das Wort «Maßnahmen». Leider findet man aber dennoch keine.

Im vierten Eintrag finde ich dann endlich aktuelle Informationen zu Massnahmen. Überraschend positiv: Klar strukturiert und schnell zu lesen. Weniger gut: Die Informationen zu finden ist nicht besonders einfach und der Links ist lange, nicht einprägsam und man kann sich nicht sicher sein, ob er dauerhaft seine Gültigkeit behält.

Informationen zum Bundesland Bayern waren erstaunlich einfach zu finden. Das Bundesland hat die Sache pragmatisch gelöst und die Informationsseite durch gekaufte Werbung bei Google an oberster Stelle platziert. So trifft man bereits durch den allerersten Eintrag auf die richtige Stelle.

Es ist allerdings nicht so einfach, hier schnell und einfach eine Übersicht zu bekommen. Wer alles lesen will, muss einige Zeit in Anspruch nehmen. Dafür findet man aber auf konkrete Fragen schnell eine Antwort. Die Struktur ist eben eine andere, aber man findet, wonach man sucht.

Grenzübertritt

Für mich ist es natürlich eine zentrale Frage, was ich beachten muss, wenn ich zwischen der Schweiz und Deutschland hin und her reise. Aber auch für zahlreiche Grenzgänger ist diese Frage wichtig. Dabei treten zwei Probleme auf: Die Schweiz ist nicht Teil der EU. Vielen Amtspersonen ist nicht klar, dass es in der Thematik «Corona» ausnahmsweise nicht um politische Grenzen geht. Das zweite Problem: Da man von einem Land in das nächste und auch wieder zurückreist, muss man sich bei beiden Ländern informieren. Eine gemeinsame Informationsstelle gibt es daher (aus beiden Gründen) nicht.

Irgendwann habe ich resigniert und nicht mehr weiter-recherchiert. Will ich nach Hause reisen, muss ich mich auf nationaler Ebene in Deutschland und der Schweiz informieren. Ausserdem auch für die Bundesländer Bayern (wo ich ja wohne), Baden-Württemberg, den Kanton Basel-Stadt, Basel-Land und den Aargau, weil dort überall durchreise. Basel-Stadt und Baden-Württemberg sind wichtig, weil dort der Grenzübertritt stattfindet. Hier gibt es daher kein Fazit, sondern es ist eben so, wie es ist.