Dank eines starken Kurses

Ein Artikel von Ramón Lang, veröffentlicht am 25. April 2019.
Die Lesedauer beträgt ungefähr 13 Minuten.

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Über die Zeit verändern sich Meinungen. Die Technik, Produkte, Dienstleistungen, etc. entwickeln sich weiter. Bitte berücksichtige dies beim Lesen dieses Artikels.

Ich bin Schweizer und wohne in Bayern.
Ein Schweizer Franken eben. Viele Texte habe ich nach schweizerischer Schreibweise ohne Scharf-S (ß) verfasst. Dieser Artikel könnte davon betroffen sein.

Manchmal glaube ich gar nicht, dass man in nur zwei Monaten so viel erleben kann. Aber wenn man aus Basel kommt, eine Freundin aus Nürnberg hat und in Wuppertal studiert, scheint das wohl normal zu sein. Ich sollte mich auch besser daran gewöhnen, denn die Zukunft scheint keineswegs ruhiger zu werden…

Was ich erlebt habe

Nach meinem letzten Beitrag sind wir als erster Kurs in das Sozial-Diakonie-Praktikum gestartet. Darüber hatte ich separat im März berichtet; ich war eine Woche in der Förderschule unterwegs. Ziemlich direkt nachdem diese Woche zu Ende war, sind wir in unser Gemeinschaftswochenende gestartet. Da der erste Kurs über das Wochenende ausserhalb des Johanneums unterkommen sollte, haben wir das Wochenende etwa zwei Kilometer weiter in einem Jugendhaus verbracht, in dem normalerweise Veranstaltungen vom CVJM stattfinden. Da ich eigentlich Ruhe und Abstand benötigt hätte, war das Wochenende nicht unbedingt mein Lieblingswochenende. Aber dennoch haben wir die Zeit gut genutzt, indem wir Spiele gespielt, spaziert, geredet und zusammen gegessen haben.

Ein Wochenende darauf war für uns freies Wochenende. Ramona hat das genutzt, um eine Freundin zu besuchen. Ich war in dieser Zeit in Basel, um Freunde zu besuchen, die in den Weihnachtsferien zu kurz gekommen waren. Nach einer kleinen Vorspeise mit Michèle bin ich direkt weiter ins Gundeli, wo sich die ganze Spägglette-Gemeinschaft getroffen hat. Das ist aussergewöhnlich, denn immerhin sind wir neun Freunde, mit denen das Termine finden nicht immer einfach ist. Darum bin ich sehr froh und dankbar, dass das geklappt hat und wir  einen schönen Abend im Restaurant La Manufacture verbringen konnten. Übernachtet und den nächsten Morgen verbracht habe ich dann bei meiner Grossmutter, und schon danach bin ich wieder den Heimweg nach Wuppertal angetreten.

Kindermissionale in Köln

„Zwischen“ diesen Wochen und Wochenenden lief der Johanneums-Alltag mehr oder weniger normal weiter; Der zweite Kurs veranstaltete unter dem Motto „Weltreise“ eine Stockwerk-Party. Jeder Studierende hatte sein Zimmer im Sinne eines Landes gestaltet und dazu passende Snacks angeboten.
Schneller als erwartet folgte bereits die Kinder-Missionale in Köln, von dessen Vorbereitungen ich im letzten Beitrag berichtet habe (eine christliche Grossveranstaltung). Während die Jugendlichen und Erwachsenen im Messe-Gebäude mit der eigentlichen Missionale beschäftigt waren, hat sich das Johanneum dem separaten Kinderprogramm angenommen, das parallel, ebenfalls in der Messe stattgefunden hat. Gerechnet wurde mit 200-300 Kindern und entsprechend hoch waren auch unsere Vorbereitungen. Es kamen dann aber nur rund 40-50 Kinder, worüber ich aber auch sehr froh war.
Die Aufgabe der Kinder war es, in verschiedenen Stationen diverse Aufgaben zu lösen. Die Kinder-Missionale stand ebenfalls unter dem Motto „Weltreise“, und so war jede Station ein Land.

In der Woche darauf durfte ich eine neue Identitätskarte beziehen. Aber würde die Bestellung einer ID im Ausland so einfach vonstattengehen wie in der Schweiz, hätte ich ja fast schon vergessen, wie kompliziert und anstrengend die formellen Angelegenheiten während der Umzugsphase im Sommer 2018 waren. Als Auslandschweizer stellt man mehrere Anträge und bucht einen Termin in einer „nahegelegenen“ Zweigstelle des Schweizerischen Generalkonsul’s, der zur Erfassung biometrischer Daten dient. Für mich, mit Wohnort Wuppertal, bedeutete das, dass ich dafür ins 250km entfernte Frankfurt reisen musste. Natürlich wusste ich im Voraus nicht genau, was in diesem Termin auf mich zukommen würde. Doch tatsächlich bedeutet die „Erfassung biometrischer Daten“ lediglich das Schiessen eines einfachen Passfotos und das Leisten einer Unterschrift. Da es in Frankfurt, einer der wichtigsten Städte Deutschlands, natürlich noch keine Poststellen und erst recht kein Internet gibt, habe ich diese Fahrt selbstverständlich angetreten. Immerhin musste ich in Absprache mit dem Johanneum nicht einen Nachmittag opfern, an dem ich lernen musste.
So sinnlos sich das Ganze auch anhört, war es dennoch ein schöner und unterhaltsamer Nachmittag. Denn Louisa, meine Kursschwester, hat mich begleitet. Das hat mich natürlich sehr gefreut, denn sonst wäre ich wahrscheinlich entnervt und auch alleine zu spät am Krimi-Dinner aufgetaucht, das Ramona am Abend im Rahmen des Gemeinschaftsabends vorbereitet hatte.

Aus dem Seminar „Verliebt, verlobt“

In derselben Woche am Wochenende hat an der kirchlichen Hochschule in Wuppertal eine Besuchsdienst-Tagung stattgefunden. Innerhalb dieser Tagung wurden ein Musikabend und ein Gottesdienst durchgeführt, bei denen ich erstmals wieder in meinem „alten Amt“ der Videotechnik stand. Ein kurzer Dienst mit Beni und Dennis als Musiker, und eine gute Abwechslung zum Alltag.

Nun sind wir beim ersten April angelangt. Normalerweise spielt man sich irgendwelche Streiche. Im ersten Kurs des Johanneums hingegen hat mit dem April sogleich der Clapril begonnen, der Streiche in den Schatten stellt. Der Clapril steht im Zeichen der Ohrfeige; wir ohrfeigen uns hin und wieder gegenseitig in Momenten, an denen wir nicht damit rechnen. Es machen aber nicht alle mit. Der Clapril bleibt ein Monat zwischen Kris, Reeno, Louisa und mir. Und (zu meiner Überraschung) auch Denise, die sich entschlossen hat mitzumachen. Aber auch für mich ist es der erste Monat, in dem ich bei einem Trend mitmache. Denn der Clapril ist keine neue Modeerscheinung, sondern folgt auf bereits vergangene Monate wie Schmärz, Werfuar oder Schubsvember.

Anfang April sind Ramona und ich für ein Wochenende zur Burg Wernfels gefahren. Im Seminar „Verliebt, verlobt“ konnten wir uns ausführlich mit uns als Paar beschäftigen, indem wir viel über uns nachgedacht und gesprochen haben. Eine kurze und intensive Zeit, die Spass gemacht und uns als Paar gezeigt hat, dass wir gemeinsam eine solide und erwachsene Beziehung führen.

Die Woche darauf starteten vor dem Osterferien-Start die erlebnispädagogischen Tage. Der erste Kurs war für eine halbe Woche in einer Herberge in der Natur, etwas ausserhalb von Wuppertal untergebracht. Während dieser Tage wurden wir von Matthias begleitet und angeleitet, der uns als Gruppe im Auftrag des Johanneums stärken sollte. Es waren Tage, in denen wir von jeglichen leistungsorientierten Aufgaben befreit waren und wir uns auf spielerische Art und Weise näher kennenlernen und vertrauen konnten.

Matthias ist Geschäftsführer von klein.team, der mit seinem Team pädagogische Dienstleistungen anbietet und das auch sehr gut macht. Daher von meiner Seite eine herzliche Einladung zu seiner Website www.klein.team.

Was mich beschäftigt

Meine Emotionen erleben nach wie vor sich abwechselnde Berg- und Talfahrten. Der Alltag in seiner ganzen Fülle ist weiterhin schwierig und erdrückend. Nicht zuletzt auch wegen meiner schulischen Leistung, die zur Zeit für ein angenehmes Leben in der Gemeinschaft nicht ausreicht. Auch einige weitere Gründe führen immer wieder zu Tiefpunkten, die ich eigentlich nicht gebrauchen kann. Denn für sowas ist schlichtweg keine Zeit. Darum bin ich sehr froh, dass ich die oben beschriebenen Dinge (und noch einiges mehr) erlebt habe.
Für uns als Paar stellt sich die Frage, ob wir weiterhin die gesamte Ausbildungsdauer am Johanneum bleiben werden, oder ob wir auf ein Jahr beschränken. Wir haben uns nun aber für das Weitermachen entschieden.

Besonders in den letzten Wochen habe ich mir einige Male die Frage gestellt, wie es denn vor drei Jahren geschehen konnte, dass ich von meinem langjährigen Traum abgelassen habe. Gelegentlich bin ich im Internet auf Stellenangebote zum Strassenbahn- oder U-Bahn-Fahrer gestossen. Die Sehnsucht nach einem Leben ohne dieses ganze Leid ist zeitweise so hoch, dass ich ohne zu zögern Angebote angenommen hätte, wenn sie denn konkret für mich gegolten hätten. Nun sind wir aber entschlossen, das durchzuziehen, und an dieser Entscheidung werde ich auch festhalten. Daher ist das Durchhaltevermögen und der Lernerfolg auch weiterhin ein grosses Gebetsanliegen, auf das ich während der ganzen Ausbildungsdauer angewiesen bin.
Was das Lernen betrifft habe ich mich nun mit Louisa zusammengeschlossen. Wir gehen das Gelernte fast täglich durch und ich stelle fest, dass es durchaus Spass machen kann, mit jemandem zusammen zu lernen.

Ich bin froh, dass ich nicht alleine bin. Auf der einen Seite ist Ramona eine grosse Stütze, auf die ich mich immer verlassen kann. Auf der anderen Seite ist aber auch der Kurs, zu dem ich ein sehr grosses Vertrauen aufgebaut habe und der mich ebenfalls gerne unterstützt. Neben der beruflichen Perspektive und dem Ziel, mit Ramona eines Tages im Hauptamtlichen Dienst tätig zu sein, ist der Kurs der wesentliche Faktor, weshalb ich mich neu für die ganzen drei Jahre entschieden habe. Die Menschen, die ich hier kennengelernt habe bereichern meinen Alltag so sehr, dass ich auch in Zukunft nicht darauf verzichten möchte. Dank eines starken Kurses fühle ich mich am Johanneum wohl.
Darum bin ich auch sehr traurig, dass uns Ronja bereits nach dem ersten Jahr verlässt. Sie ist für mich eine wesentliche Stütze, die dann wegfällt.

Unsere Ferien

Was mich zur Zeit nicht belastet ist Ramonas und meine finanzielle Situation. Zwar reicht das Geld nach wie vor nicht für die gesamten drei Jahre Ausbildung, doch ich kann zur Zeit auf drei Freunde und meine Familie zählen, die mich regelmässig unterstützen. Vor einigen Wochen habe ich meine Kontostände überprüft und festgestellt, dass ich tatsächlich noch über genauso viel Geld verfüge, wie zum Start der Ausbildung. Angesicht der vielen Rechnungen und der Ablehnung durch die Behörden ist das ein grosses Wunder, für das ich sehr dankbar bin.

Die Ferien

Aktuell bin ich schon bald am Ende der zweiwöchigen Ferien angelangt. Ramona und ich wohnen in dieser Zeit in Lauf und haben das Haus für uns alleine. In dieser Zeit können wir tun, was wir wollen. Ausser der Entscheidung für oder gegen ganze drei Jahre Johanneum waren wir auch nicht zum Nachdenken über Themen des Johanneums verpflichtet (beispielsweise Lernen). Wir stellen fest, dass diese Form von Ferien ein absolut notwendiges Bedürfnis sind, an dem wir für die Zukunft festhalten wollen. Es ist und bleibt eine Gratwanderung, mit Freunden und Familien im Kontakt zu bleiben, sie zu besuchen und Zeit und Ferien für uns als Paar zu haben. Wie wir auch in Zukunft Ferien in dieser Qualität und alleine gestalten und trotzdem unseren Kreisen gerecht werden können, wissen wir aktuell nicht. Aber ich denke, wir werden das durchaus schaffen.

In diesen zwei Wochen habe ich mich gänzlich dem Ausruhen gewidmet. Einziges Projekt zum Zeitvertreib war eine neue Website-Idee, die ich dann später einmal vorstellen werde. Ramona und ich konnten die Zeit zu zweit und alleine sehr gut einteilen und haben eine sehr gute Zeit erlebt die zeigt, wie schnell man eben doch glücklich sein kann. Ich habe meine Zeit hin und wieder zu Fuss in Lauf und in Nürnberg verbracht und viel Musik und Natur gehört und Latte Macchiato getrunken.

Ausblick

Schon im Juli ist das erste Jahr für uns fast vorbei. Eigentlich beginnen dann die Ferien. Aber der erste Kurs ist während einiger Wochen mit Arbeitszeit beschäftigt. In dieser Zeit sind wir am Johanneum und arbeiten acht bis neun Stunden in einer 6-Tage-Woche. Eigentlich halte ich diese Vorgehensweise für den ersten Kurs für etwas dreist. Aber ich freue mich darauf. Schliesslich weiss ich ja durchaus, wie man arbeitet und ich kann diese Zeit alleine mit meinem Kurs verbringen. Ich denke, das wird eine gute Zeit.
Danach werden für uns die Ferien beginnen. Wie sich diese gestalten, wissen wir noch nicht. Auf jeden Fall werde ich eine ausreichende Weile in die Schweiz kommen und Ramona nach Lauf fahren.

Im Johanneum wird voraussichtlich nichts grösseres anstehen, ausser die Einsegnung des dritten Kurses, der die Ausbildung abschliesst. In den kommenden zwei Monaten bis zu den Ferien werde ich wahrscheinlich intensiver mit Lernen beschäftigt sein als bisher, da drei wichtige Prüfungen anstehen.