Mein Einstieg in die Deutsche Bahn

Ein Artikel von Ramón Lang, veröffentlicht am 21. September 2020.
Die Lesedauer beträgt ungefähr 5 Minuten.

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Über die Zeit verändern sich Meinungen. Die Technik, Produkte, Dienstleistungen, etc. entwickeln sich weiter. Bitte berücksichtige dies beim Lesen dieses Artikels.

Ich bin Schweizer und wohne in Bayern.
Ein Schweizer Franken eben. Viele Texte habe ich nach schweizerischer Schreibweise ohne Scharf-S (ß) verfasst. Dieser Artikel könnte davon betroffen sein.

Über die Corona-Zeit hätte ich noch weit mehr berichten können. Aber die Ereignisse, über die ich mich wundern musste, waren so zahlreich, dass ich mich nicht mehr an alle sortiert erinnern kann.

Heute ist Corona zwar noch gegenwärtig, aber nicht mehr relevant für mich. Denn jetzt geht es darum, meine Ausbildung zum Triebfahrzeugführer (Lokführer) zu absolvieren. Im Februar hatte ich mich bei der Deutschen Bahn in Nürnberg beworben – noch von Wuppertal aus. Zuvor hatte ich mich bei der VAG, der Strassenbahn in Nürnberg beworben, aber die hatten sich eine ganze Weile nicht gemeldet. Erst einmal war die Bahn also eigentlich mein Backup-Plan.

Während sich der Bewerbungsprozess bei der Bahn Schritt für Schritt vorwärts bewegte, stand die VAG still. Obwohl ich mich regelmässig gemeldet habe, weiss ich bis heute nicht, ob ich jemals zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre. Vor wenigen Tagen nun habe ich bei den VAG aber definitiv abgesagt.

Im Auftrag der Bahn war ich im Mai in München zum Eignungstest, um meine Fahrtauglichkeit festzustellen. Seit daher – wenn auch nur zum Zug fahren – trage ich eine Brille. Später war ich noch zwei Wochen in der Schweiz mit dem Tarif-Abonnement unterwegs, um mir bewusst die verschiedenen Verkehrsbetriebe (BLT, BVB, SBB) noch einmal genauer anzuschauen. Wieder zurück in Nürnberg habe ich mir während einem Monat auch die dortigen Verkehrsbetrieben genauer angesehen und festgestellt, dass das Basler Drämmli nicht dasselbe wie die Nürnberger Strassen- und U-Bahn ist. Einerseits ist der Nürnberger Stadtverkehr hauptsächlich in der Stadt selbst unterwegs. Nur wenig Strecke erstreckt sich auch über Land. Die Stadt ist so gross, dass die Strassen- und U-Bahn auch selten das weniger dicht besiedelte Gebiet ansteuern. Wer den Trambetrieb in Basel kennt weiss, dass BVB sowie BLT auch weit ins Land hinaus fahren.

Es kam während meiner Beobachtungszeit auch die Erkenntnis dazu, dass die Mitarbeitenden bei der VAG offensichtlich nicht motiviert zur Arbeit gehen. Ich beobachtete also ein Arbeitsumfeld, in dem ich wohl kaum glücklich geworden wäre.

Bei der Bahn entdeckte ich ebenfalls Aspekte, die sich gegenüber der Betrieb in der Schweiz unterscheiden. Ich war im Bewerbungsprozess für den Regionalbetrieb, der wesentlich vielseitiger ist, als in der Nordwestschweiz. Neben einigen S-Bahn-Linien bedient die DB Regio auch andere regionale Linien, die teilweise über 250km lang sind. Das sind völlig andere Streckenverhältnisse als in der Schweiz, wo man vom Fernverkehr sprechen würde.

Mit der Zeit gefiel mir die Vorstellung sehr, bei der Bahn im Regionalverkehr zu arbeiten. Ich bin allerdings jemand, der sich eigentlich gerne mit dem Arbeitgeber identifiziert. Das stellt mich manchmal noch vor eine Herausforderung, da im Gesamtkonzern Deutsche Bahn ja durchaus einiges auch nicht gut funktioniert.

Die Ausbildung

Am 1. September begann dann in Nürnberg die Ausbildung. Wir haben einen sehr guten und erfahrenen Ausbilder gestellt bekommen, der uns durch den Ausbildungsplan führt und uns (wir sind 14 Schüler) zu guten Lokführern ausbilden will. Es macht daher grossen Spass, mich täglich mit dem Lernstoff zu befassen. Der Lernanspruch ist zwar gross. Ohne tägliches Lernen funktioniert die Ausbildung nicht. Aber da wir nur interessante und relevante Inhalte lernen, fühlt es sich nicht anstrengend an.

Da muss also viel Theorie gelernt werden. Doch in dieser Ausbildung gibt es keine Theorie ohne Praxis. Ein grosser Vorteil gegenüber anderen Ausbildungen. Denn so kann man «handfest» verstehen, was man lernen muss.

Nach etwa drei Wochen haben wir bereits das Gelernte in der Praxis ansehen können, indem wir Rundgänge auf betrieblichen Anlagen (z.B. Bahnhöfe) machen konnten und zwei Tage mit Zügen mitgefahren sind. Während dieser Zeit haben wir keine neuen Inhalte gelernt, sondern die Tage waren explizit dafür da, das bereits Behandelte in der Praxis zu verstehen und bei Unklarheiten nachzufragen.

Am Ender dieser Ausbildung werde ich entweder eine S-Bahn fahren, oder eine Regionalbahn, die etwas weiter weg fährt. Im Gegensatz zu der Schweiz sind in Deutschland im Regionalverkehr viele Diesel-Züge unterwegs. Diese verbrauchen etwa 1-2 Liter Benzin pro Kilometer. Ich würde zwar lieber eine elektrische S-Bahn fahren, aber am Ende werden wir nach Bedarf und Standort eingeteilt und so wie ich das bisher beurteilen kann ist das Fahrgefühl bei Diesel-Zügen etwa ähnlich, wie bei Elektrischen.